IG Metall Halberstadt
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29.03.2024, 09:03 Uhr

100 Tage Schwarz-Rot: Koalition hält Wort

IG Metall zieht erste Bilanz zur Arbeit der Großen Koalition

  • 26.03.2014
  • Aktuelles

Als Union und SPD ihren Koalitionsvertrag unterschrieben, bezeichnete die IG Metall das Regierungsprogramm als Grundlage für eine Politik im Interesse der Beschäftigten. Nun sind 100 Tage vergangen. Zeit für eine erste Bewertung: Was hat Schwarz-Rot auf den Weg gebracht und was steht noch aus?

Foto: PantherMedia / Günter B. Beu

Am hundertsten Tag war die Frauenquote dran. Vergangene Woche hat die Große Koalition ihren Gesetzentwurf zum Mindestlohn und zur Stärkung der Tarifautonomie vorgelegt. Über die Rente nach 45 Beitragsjahren und über die Neuausrichtung der Energiewende wird schon seit Monaten diskutiert und verhandelt. Die schwarz-rote Bundesregierung hat nicht lange geartet und bereits einige wichtige Vorhaben auf den Weg gebracht.


Heute haben die Koalitionäre ihre Leitlinien für eine "gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen" vorgelegt. Darin ebnen sie einer Frauenquote in Deutschland den Weg. SPD und Union hatten sich im Koalitionsvertrag auf eine Quote von mindestens 30 Prozent ab 2016 für Aufsichtsräte von Unternehmen, die voll mitbestimmungspflichtig und börsennotiert sind, verständigt. Das begrüßt die IG Metall. Die Gleichstellung von Frauen ist eine langjährige Forderung der Gewerkschaften, besonders der IG Metall.

 

Auch der Mindestlohn soll kommen

Am 20. März hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein Gesetzespaket auf den Weg gebracht, das neben dem Mindestlohn von 8,50 Euro auch die Wirkung von Tarifverträgen und die Tarifautonomie stärk. Das wird sich ganz konkret positiv auf die Beschäftigten auswirken. Der Gesetzentwurf sieht vor, die Allgemeinverbindlichkeit zu erleichtern und den Geltungsbereich im Arbeitnehmerentsendegesetz auszubauen. Das schafft mehr Möglichkeiten, tarifliche Mindestbedingungen für alle Beschäftigten einer Branche zu verankern.


Rente nach 45 Beitragsjahren

Auch in der Rentenpolitik weht ein neuer Wind. Mit dem Rentenpaket will die Große Koalition Menschen die lange gearbeitet haben, besser als bisher stellen. Damit wird wieder etwas mehr Leistungsgerechtigkeit in das deutsche Rentenrecht gebracht. Denn bislang zahlen langjährige Beitragszahler viel und erhalten vergleichsweise wenig. Aus Sicht der IG Metall ist es gut, wenn Beschäftigte, die ihr Leben lang hart gearbeitet und viel eingezahlt haben, in Zukunft nicht mehr durch Rentenabschläge bestraft werden. Zwar werden mit dem schwarz-roten Rentenpaket nicht alle Forderungen der Gewerkschaften erfüllt, trotzdem ist die Rente nach 45 Beitragsjahren ein Schritt in die richtige Richtung - in Richtung eines flexiblen und abschlagsfreien Übergangs in die Rente.

Energiewende voranbringen

Die Energiewende muss ökologisch und ökonomisch ein Erfolg werden. Die IG Metall fordert verlässliche Rahmenbedingungen und Investitionssicherheit. Daher ist der Referentenentwurf der Regierung und die damit angestrebte zügige und umfangreiche Reform des Erneuerbaren Energieengesetzes ein notwendiger und richtiger Schritt. Die industrielle Wertschöpfung wird gestärkt und Arbeitsplätze in Deutschland sicherer. Die Reform des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) muss jedoch auch zu einer gerechteren Verteilung der Kosten und zu mehr Kosteneffizienz beitragen. Denn in den letzten Jahren haben sich die Kosten zu Lasten der Privathaushalte verschoben. Die Verbraucher sind davon mit ihrer Stromrechnung unmittelbar betroffen.


Die IG Metall schlägt deshalb vor, einen Energiewendefonds einzurichten, der einen Teil der Kosten für die Technologieentwicklung der erneuerbaren Energien übernimmt. Dieser Fonds könnte zudem für Transparenz bei den Kosten und bei den Gewinnen sorgen. Zusätzlich schlägt die IG Metall eine Kreditfinanzierung und eine zeitliche Streckung eines Teils der EEG-Umlagekosten vor. Das würde den heute bestehende Finanzierungsdruck mildern und die Verbraucher von einem Teil der Altlasten entlastet.

Investitionsquote erhöhen

Nach dem Willen der Regierung soll die Industrie wieder einen höheren Stellenwert in Deutschland bekommen. Das ist gut so, denn sie ist der Motor für Wachstum und Innovation. Die Koalition will Innovationen unterstützen und zum Beispiel regionale "Innovationsnetzwerke" und Verbünde unterschiedlicher Unternehmen, Handwerksbetriebe, Forschungs- und Bildungseinrichtungen fördern. Um technologische und andere Neuerungen voranzubringen, will sie mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Gewerkschaften "Innovationsbündnisse" bilden. Doch bei Absichtserklärungen darf es nicht bleiben. Die IG Metall fordert die Regierung daher auf, die Investitionsquote zu erhöhen.


Prekäre Beschäftigung eindämmen

Die IG Metall fordert eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt. Sie kämpft seit langem für strengere Regeln beim Einsatz von Leiharbeit und mehr Mitbestimmungsrechte für Betriebsräte bei Werkverträgen. Mit der Begrenzung der Überlassungsdauer auf 18 Monate und "Equal Pay" nach neun Monaten stellt der Koalitionsvertrag von Union und SPD bei der Leiharbeitechte Verbesserungen in Aussicht. Passiert ist bei diesem Thema allerdings noch nichts.

Ebenso bei den Werkverträgen: Hier plant die Regierung lediglich die Informations- und Unterrichtungsrechte des Betriebsrats sicherzustellen und zu konkretisieren. Der IG Metall reicht das allerdings noch nicht aus. Um Nachteile für Werkvertragsbeschäftigte wirksam zu verhindern oder einen drohenden Arbeitsplatzabbau abzuwenden, müssen Betriebsräte mitbestimmen können, wenn Fremdfirmen im Unternehmen eingesetzt werden. Dazu braucht es mehr Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten im Betrieb. Die ist allerdings laut Koalitionvertrag nicht vorgesehen.

 

Fazit

Die schwarz-rote Koalition hat in ihren ersten 100 Tagen einige wichtige Vorhaben auf den Weg gebracht und hält dabei bislang den im Koalitionsvertrag eingeschlagenen - und aus Sicht der IG Metall richtigen - Kurs bei. Bei anderen Themen ist nach wie vor Luft nach oben. Hier wird die IG Metall die Bundesregierung nicht aus ihrer Verantwortung entlassen.